Kindesunterhaltsrechtsreform
Mehr Betreuung – weniger Unterhalt?
In meiner Praxis werde ich von Müttern und Vätern oftmals gefragt, wie die Düsseldorfer Tabelle anzuwenden ist, wenn beide Elternteile gleich viel oder annähernd gleich viel betreuen.
Die Frage ist berechtigt, weil die Düsseldorfer Tabelle aus den 1970er Jahren stammt, also aus einer Zeit, in welcher zumeist Mütter betreut haben, während die Väter gearbeitet haben. Dieses Rollenmodell gilt heute als überholt. Väter betreuen ihre Kinder sehr viel mehr. Mütter sind häufiger berufstätig.
Hinter der Tabelle steckt der Grundsatz, dass Eltern auf zwei verschiedene Arten Unterhalt an Ihre Kinder bezahlen können. Entweder Sie zahlen Unterhalt in Form von Betreuung (sogenannter Betreuungsunterhalt) oder aber in Form von Geld (sogenannter Barunterhalt). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass beide Unterhaltsarten gleichwertig sind.
Weiter setzt der Gesetzgeber voraus, dass die Höhe des Barunterhalts von dem Einkommen desjenigen abhängt, der ihn bezahlt.
Aus alledem ergibt sich, dass, wenn zwei Eltern gleich hohes Einkommen haben und gleich viel betreuen, keiner von beiden Unterhalt bezahlen muss. Wenn aber beide gleich viel betreuen und unterschiedlich hohes Einkommen haben, dann muss von dem mehr verdienenden Elternteil an den geringer verdienenden Elternteil ein Ausgleichsbetrag fließen.
Das heißt, ein Elternteil, der mehr betreut, muss weniger Barunterhalt bezahlen. Die Düsseldorfer Tabelle spiegelt das aber nicht. Sie kennt den Faktor ´Alter des Kindes` und den Faktor `Einkommen`, nicht aber den Faktor `Betreuungsanteil`.
Nach der jetzigen Tabelle wird ein Elternteil, der lediglich 14-tägig an einem Wochenende betreut und ein Einkommen von netto 2.300 € hat, genauso behandelt, wie ein Elternteil mit selbem Einkommen, der aber an bspw. 6 von 14 Tagen betreut.
An diesen 6 von 14 Tagen finanziert er seine Kinder. Er kauft Lebensmittel ein, stellt Wohnraum zur Verfügung usw. Das führt dazu, dass er unter dem Strich viel mehr Unterhalt bezahlt, als die Tabelle eigentlich vorsieht. Denn er gibt ja trotzdem den vollen Betrag an den anderen Elternteil ab.
Link zur Düsseldorfer Tabelle (PDF, Stand 01.01.2021)
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