Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen
Von meinen Mandanten erfahre ich, dass einige Verwirrung bezüglich der Frage besteht, ob Kosten, die durch ein Scheidungsverfahren entstanden sind, steuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden können. Scheidungskosten umfassen die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsgebühren.
Die Verwirrung ist dadurch entstanden, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2013 das Einkommensteuergesetz mit der Maßgabe abgeändert hatte, dass Scheidungskosten nicht mehr – wie zu vor – als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden sollten. Diese Gesetzesänderung fand statt, nachdem der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 12.05.2011 neben den Scheidungskosten auch sämtliche andere Prozesskosten zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen hatte. Der Gesetzgeber hat also mit der Gesetzesänderung die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs quasi wieder „ausgehebelt“. Die Finanzämter haben daraufhin den neuen Gesetzen zur Folge die Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung nicht mehr zugelassen.
Inzwischen, nämlich mit Urteil vom 18.06.2015, hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung zur Behandlung von Prozesskosten wieder abgeändert und ist zu der Auffassung zurückgekehrt, die vor dem Urteil vom 12.05.2011 bestand: Aufwendungen dürfen nur dann abgesetzt werden, wenn sie zwangsläufig sind; und das sind sie nur dann, wenn man sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Außergewöhnlich sei die Belastung nur, wenn ohne deren Berücksichtigung der Steuerpflichtige Gefahr laufen würde, seine Existenzgrundlage zu gefährden. Dies war in der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Scheidungskosten bejaht worden.
Eigentlich entspricht die neue Gesetzgebung seit 2013 dieser früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Dennoch verneinen die Finanzämter die Anerkennung von Scheidungskosten als zwangsläufig und damit als außergewöhnliche Belastung.
Beim Bundesfinanzhof sind zu dieser Frage mehrere Verfahren anhängig (VI R 66/14; VI R 81/14; VI R 19/15; VI R 9/16). Die zu erwartenden Urteile werden Klarheit bringen.
Bis dahin möchte ich Ihnen raten, Scheidungskosten weiterhin in Ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen und, falls das Finanzamt den Abzug nicht anerkennt, Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen und unter Berufung auf die beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Ihr Einspruch ruht dann solange, bis der Bundesfinanzhof entschieden hat.