Das Gegenseitigkeitsprinzip oder: Unterhalt nicht ohne Gegenleistung
Aus meinem Beitrag Volljährigenunterhalt I kennen Sie bereits den Grundsatz: Wer volljährig ist, soll für sich selber sorgen.
Die Ausnahme hiervon bilden Ausbildung und Krankheit. Aber allein der Umstand, dass ein volljähriges Kind erkrankt ist oder sich noch in Ausbildung befindet, reicht nicht aus, um einen Anspruch gegen die Eltern auf Bedarfsdeckung durchzusetzen.
Denn der Anspruch, der in diesen Fällen grundsätzlich bestehen mag, entfällt dann, wenn er nicht der sog. Billigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn sich das unterhaltsberechtigte Kind auf eine Art und Weise gegenüber dem unterhalts-verpflichteten Elternteil verhält, die es diesem unzumutbar macht, das Kind zu finanzieren. In diesen Fällen kann der Unterhaltsanspruch voll entfallen oder aber auf eine niedrigere Höhe begrenzt werden.
Beispiele:
Das volljährige Kind ist drogensüchtig und nimmt bewusst in Kauf, von seinen Eltern unterhalten zu werden. Therapiemaßnahmen ergreift es nicht.
Tätliche Angriffe oder der falsche Vorwurf eines auch sexuellen Missbrauchs.
Das bewusste Unterlassen von Information z. B. über einen Schulabbruch oder über die Aufnahme einer mit regulärem Einkommen verbundenen Erwerbstätigkeit oder über Wahl und Verlauf der aktuellen Ausbildung einschließlich Vorlage der Ausbildungs- oder Studiennachweise.
Bei alledem werden Verfehlungen aus der Zeit vor Eintritt der Volljährigkeit nicht erfasst.
Der genannte Katalog ist nicht abschließend. Für in Betracht kommende Verfehlungen gilt immer, dass in jedem einzelnen Fall alle Umstände abgewogen werden müssen: Das Fehlverhalten des unterhaltsberechtigten Kindes, das Verhalten des unterhaltspflichtigen Elternteils, die wirtschaftlichen Verhältnisse, eventuell bereits stattgefundene Ausbildung sowie berufliche Perspektive, Krankheitsverläufe usw.
Im nächsten Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage, in welchen Fällen konkret ein Unterhaltsanspruch für ein volljähriges Kind besteht.