Artikel vom 2. März 2018 In der Kategorie

Verstoß gegen eine gerichtlich gebilligte Ferienumgangsregelung

Wenn Eltern sich trennen, entsteht ein Gefüge aus Rechten und Pflichten, durch das sichergestellt werden soll, dass die Kinder die Beziehung zu beiden Eltern behalten können. Dahinter steht die Erkenntnis, dass ein Kind, um gesund aufwachsen zu können, beide Eltern braucht.

Das Gesetz gibt einem Trennungskind das Recht, Umgang mit beiden Elternteilen zu haben. Des Weiteren gibt das Gesetz jedem Elternteil das Recht, Umgang mit dem Kind zu haben, darüber hinaus aber auch die Verpflichtung, den Kontakt zu pflegen. Und schließlich legt das Gesetz demjenigen Elternteil, der die Kinder überwiegend betreut, die Verpflichtung auf, den Umgang des Kindes mit dem jeweils anderen Elternteil zu fördern. Dem betreuenden Elternteil wird durch das Gesetz untersagt, irgendeine Handlung vorzunehmen, die der Beziehung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil schaden könnte. Er muss darüber hinaus sogar aktiv alles tun, um diese Beziehung zu fördern.

Diese letztgenannte Verpflichtung wird im Gesetz auch Wohlverhaltensgebot genannt. Damit ist gemeint, dass sich jeder Elternteil dem Kind gegenüber wohl zu verhalten hat, d.h., dass es dem Kind vermitteln muss, dass die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil eine gute ist. Der Elternteil darf also nicht schlecht über den anderen Elternteil reden. Auch nonverbale Signale gehören dazu. Wenn das Kind also begeistert vom Umgang mit dem anderen Elternteil erzählt, dann wäre es ein Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot, hierauf gelangweilt, genervt oder vielleicht sogar verärgert zu reagieren oder die schöne Zeit des Kindes mit dem anderen Elternteil auf andere Weise abzuwerten oder vielleicht die Berichte des Kindes einfach nicht zu beachten.

Wenn Eltern dieses Wohlverhaltensgebot nicht einhalten, können Kinder extrem verunsichert reagieren. Es macht ihnen den Wechsel zwischen Mutter und Vater sehr schwer. Sie erleben den Wechsel dann als eine belastende Stresssituation. Es fordert enorme emotionale Anstrengungen von dem Kind ab.

Viele Kinder halten das auf die Dauer nicht aus. Um sich vor dem Konflikt zwischen den Eltern zu schützen, entscheiden sie sich schon einmal für einen der beiden Elternteile, zumeist für denjenigen, bei dem sie sich zeitlich mehr aufhalten. Das tun sie nicht, weil sie ihn lieber hätten. Sie tun es einfach nur, weil es ihnen der sicherste Weg zu sein scheint, um sich vor dem Elternstreit zu schützen.

In dem Fall, den das Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheiden hatte, hatte einer der beiden Elternteile wiederholt massiv gegen das Wohlverhaltensgebot verstoßen. Die Kinder waren 8 und 5 Jahre alt. Sie haben nach der Trennung überwiegend bei ihrer Mutter gelebt. Der Vater hat den Kindern aufgegeben, vor dem Jugendamt zu erklären, dass sie von der Mutter alleingelassen und geschlagen worden seien. Auch sonst habe es abwertende Handlungen des Vaters gegenüber den Kindern gegeben.

Das Oberlandesgericht Oldenburg war in diesem Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass der Vater die Kinder ohne Aufsicht nicht mehr sehen sollte, um die Kinder vor abwertenden Haltungen des Vaters gegenüber der Mutter zu schützen. So wollte der Senat erreichen, dass einerseits die Kinder ihren Vater sehen können, andererseits aber von Verstößen gegen das Wohlverhaltensgebot geschützt bleiben.

Der begleitete Umgang ist immer mit einer Einschränkung von Umgang verbunden. Normalerweise findet Umgang nach dem Gesetz ungestört statt. D.h., der Elternteil nimmt die Kinder zu sich und entscheidet frei, wie er die Zeit mit ihnen verbringt. Beim begleiteten Umgang muss er sich aber in die Räume einer begleiteten Institution begeben und dort quasi unter der Kontrolle einer professionellen Person den Umgang mit den Kindern ausüben.

Sicherlich schwierig an dieser Entscheidung war die Vorgeschichte. Denn nach der Trennung hatte die Mutter die Kinder ohne Rücksprache mit dem Vater mit in die Türkei genommen. Durch das Einwirken des Vaters waren die Kinder mit der Mutter wieder zurück nach Deutschland gekommen. Eine solche Vorgeschichte, die in dem Vater enorme Ängste geweckt haben dürfte, ist bei der Entscheidung über einen begleiteten Umgang und die Bewertung der Verstöße gegen das Wohlverhaltensgebot sicherlich zu berücksichtigen.

In dem vorliegenden Fall kam aber noch hinzu, dass der Vater wiederholt ausdrücklich erklärt hatte, dass er die deutsche Rechtsordnung nicht anerkenne. Das Oberlandes-gericht Oldenburg hatte deshalb die Sorge, dass der Vater jedwede Entscheidung eines Familiengerichts nicht akzeptieren würde. Außerdem hatten die Kinder in einer für das Oberlandesgericht Oldenburg glaubhaften Art und Weise von körperlichen Maß-regelungen durch den Vater berichtet.

Die Quintessenz aus dieser Entscheidung ist sicherlich diejenige, die immer, wenn begleiteter Umgang im Raum steht, beachtet werden muss:

Es ist nämlich sehr sorgfältig der Sachverhalt zu prüfen. Es ist genau hinzusehen, wie die beiden Eltern jeweils mit den Kindern umgehen, wie die Kinder darauf reagieren und inwieweit deren Verhaltensweisen und Äußerungen Ausdruck des in ihnen zwangsläufig entstehenden Loyalitätskonfliktes sind.

Begleiteter Umgang stellt immer eine erhebliche Einschränkung des Umgangsrechts eines Elternteils und des Kindes dar. Die Voraussetzung für den begleiteten Umgang sind deshalb jeweils sehr sorgfältig zu prüfen. Am Ende muss der Schutz des Kindes vor dem Elternkonflikt den Vorrang haben. Wenn dieser anders als über einen begleiteten Umgang nicht erreicht werden kann, dann kann er das Mittel der Wahl sein, zumal ein begleiteter Umgang immer auch mit gemeinsamen Elterngesprächen verbunden ist und das Ziel hat, so früh wie möglich in einen unbegleiteten Umgang überzugehen.

 

Weitere Ratgeber-Artikel zum Thema Sorge- und Umgangsrecht finden Sie hier.