Und nochmals das Wechselmodell:
Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14.07.2014.
Die Bedeutung von nicht gelingender elterlicher Kooperation für die Frage einer Anordnung des paritätischen Wechselmodells. Grundsätzlich kann ein Wechselmodell nur in Betracht gezogen werden, wenn die Eltern in der Lage sind, kontinuierlich an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet zu kooperieren. Leistet dies ein Elternteil aber nicht, gilt es genau zu prüfen, aus welchen Motiven heraus er dies ablehnt.
Auf diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg weise ich deswegen hin, weil es höchst umstritten ist, inwieweit eine gut gelingende Kommunikation und Kooperation der Eltern erforderlich ist, um das Wechselmodell zu praktizieren. Es gibt Stimmen, wonach ein paritätisches Wechselmodell ohne eine solche gelingende elterliche Kooperation nicht in Betracht kommt. Diese Stimmen haben deswegen eine gewisse Berechtigung, weil Kinder stark darauf angewiesen sind, dass die Eltern nicht streiten und weil das Wechselmodell einen relativ hohen Austausch an Information erfordert. Wenn also Eltern nicht gut miteinander kommunizieren können, so ist im Rahmen eines Wechselmodells die Gefahr, dass es zu Streit kommt, möglicherweise ungleich höher als im Rahmen eines Residenzmodells.
Es gibt aber auch Stimmen, wonach es nicht maßgeblich auf das Ausmaß an gelingender Kommunikation ankommt. Insbesondere wird hier vertreten, dass es zahlreiche Kommunikationsmodelle gibt, die einem Wechselmodell nicht im Wege stehen. So müssen Eltern nicht zwingend tagtäglich persönlich miteinander sprechen, sondern es gibt Wege, das Internet zu nutzen, das sog. Tagebuch, welches Kinder mitführen, die SMS und so weiter.
Das Oberlandesgericht Naumburg hat sich mit dieser Frage nunmehr befasst und ist zu der Entscheidung gekommen, dass grundsätzlich Eltern in der Lage sein müssen, gut miteinander zu kommunizieren, über die Belange des Kindes zu kooperieren, Konflikte möglichst einzudämmen, sich selbst zurückzunehmen und in diesem Rahmen auch hoch motiviert an den Bedürfnissen des Kindes orientiert zu sein.
Es hat sich aber auch mit der Frage befasst, was zu tun ist, wenn ein Elternteil diesen Anforderungen nicht gerecht wird. Hier unterscheidet das Oberlandesgericht zwischen demjenigen, der aus seiner Sicht im Hinblick auf das Kindeswohl vertretbaren Gründen eine gewisse Kommunikation nicht leisten kann und demjenigen Elternteil, der sie einzig und allein deshalb verweigert, weil er sich hiervon – nicht am Kindeswohl orientierte – Vorteile verspricht. Gemeint sind Elternteile, die verfahrenstaktisch die Kommunikation verweigern, also beispielsweise im Zusammenhang mit einem sorgerechtlichen Verfahren sich bestimmte Vorteile erhoffen. Der Zusammenhang besteht dadurch, dass gemeinsamer elterlicher Sorge nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann aufzuheben ist, wenn gemeinsame elterliche Kommunikation auch nicht mehr in einem Minimum funktioniert. Ein Elternteil, der das Ziel verfolgt, eine solche gemeinsame elterliche Sorge zu beenden, in dem er die hierfür erforderliche Kooperation verweigert, soll nach dem Oberlandesgericht Naumburg, was die Frage des Wechselmodells angeht, nicht schützenswert sein.
Hier verlangt das Oberlandesgericht, dass aber auch dann nicht zwingend das Wechselmodell anzuordnen sei, sondern das man sehr genau eine Gesamtschau anstellt, im Rahmen derer die Vor- und Nachteile der Anordnung eines Wechselmodells vor dem Hintergrund einer schwierigen elterlichen Kommunikation betrachtet.
Letztendlich ist diese Entscheidung nicht wirklich neu. Dass die Rechtsprechung zur Kooperation bei gemeinsamer elterlicher Sorge nicht missbraucht werden darf, um diese zu einem Misslingen zu führen, ist auch bislang in der Rechtsprechung vertreten worden. Hier werden diese Grundsätze allerdings in die Problematik des paritätischen Wechselmodells hinüber geführt.