Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater
Entscheidung des Amtsgerichts Hannover vom 11.04.2014 zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen nicht mit der Mutter verheirateten Vater für einen 16-jährigen Sohn gemäß dem Kindeswillen
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den mit der Mutter nicht verheirateten Vater bei unterschiedlichen Erziehungszielen der Eltern und entsprechendem Willen des 16 Jahre alten Sohnes:
Über diesen Fall hat das Amtsgericht Hannover entschieden. Die Eltern des hier betroffenen Jugendlichen waren nicht verheiratet, lebten aber für die Dauer von etwa fünf Jahren in einer nichtehelichen Partnerschaft. Die Mutter hatte die alleinige elterliche Sorge.
Zunächst hatte der Vater bei Gericht die gemeinsame elterliche Sorge begehrt. Die Eltern verständigten sich aber in einer mündlichen Verhandlung stattdessen darauf, dass sie für die Dauer eines ½ Jahres das Wechselmodell ausprobieren und der Vater im Übrigen mit den nötigen Vollmachten für schulische Angelegenheiten des Kindes ausgestattet wurde.
Nach der Erprobung des Wechselmodells beantragte der Vater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für den 16-jährigen Sohn. Diesen Antrag stützte er im Wesentlichen darauf, dass sein Sohn den Wechsel in den Haushalt seines Vaters wollte.
Die Mutter hat sich hiergegen gewendet mit der Begründung, dass die Erziehungsstile beider Eltern sehr verschieden seien. Insbesondere war sie nicht damit einverstanden, dass der Vater den Sohn in, wie sie fand, suchtartigem Ausmaß den Computer benutzen ließ, wohingegen der Vater der Auffassung war, das Verbote in heranwachsenden Kindern keine Eigenverantwortung und keine Einsichtsfähigkeit bewirken könnten.
Die Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechts war also sehr eng damit verknüpft, mit welchem Erziehungsstil der Sohn in Zukunft konfrontiert werden würde.
In der Kindesanhörung äußerte sich der Sohn über seine eigenen Wünsche. Danach wollte er in den Haushalt seines Vaters wechseln. Das Gericht war der Auffassung, dass dieser Wille sehr klar geäußert wurde und stabil war. Auch ging das Gericht davon aus, dass eine irgendwie geartete Manipulation des Kindeswillens nicht gegeben war. Das Gericht musste aus den Äußerungen des Kindes schließen, dass es sich im Haushalt des Vaters einfach besser aufgehoben fühlte.
Das Gericht war zudem der Auffassung, dass nicht gesagt werden könne, welches Erziehungsmodell unter dem Strich das Bessere für den Sohn war. Und schließlich hatte das Gericht erkannt, dass der Sohn durch die Praktizierung des Wechselmodells eine gute Entscheidungsbasis hatte, denn er hatte eine reale Erfahrung mit beiden Haushalten und beiden Erziehungsstilen gemacht.
Das Gericht gab am Ende dem Kindeswillen den Ausschlag und entschied, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater allein zu übertragen.
Die Entscheidung spiegelt Aspekte, die sich in zahlreichen anderen Entscheidungen wiederspiegeln. Je älter das betroffene Kind ist, desto stärker wird auf den geäußerten Willen abgestellt. Jugendlichen im Alter von 16 Jahren wird zugetraut, dass sie in der Lage sind, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erkennen, was ihnen guttut und was nicht. Deren Willen soll nicht gebrochen werden, um die Entwicklung in ein eigenverantwortliches Lebens nicht zu gefährden.