Artikel vom 18. August 2016 In der Kategorie

Umgangsrecht des Vaters? Umgangsrecht der Mutter und des Vaters!

In meiner Kanzlei, in privaten Gesprächen und in den Medien stelle ich fest, dass das Umgangsrecht von Vätern häufig ein Thema ist. So ist bei mir der Eindruck entstanden, dass die irrige Annahme bestehen könnte, das Umgangsrecht von Vätern sei anders ausgestaltet als dasjenige von Müttern.

Es existiert aber kein Umgangsrecht von Vätern oder ein Umgangsrecht von Müttern. Es gibt lediglich das Umgangsrecht von Eltern. Das Gesetz macht, was das Geschlecht der Elternteile angeht, keinen Unterschied.

Dass dennoch über das Umgangsrecht speziell von Vätern gesprochen wird, liegt daran, dass diese durch die Rechtsprechung oftmals das Gefühl haben müssen, in ihrer Bedeutung für das gemeinsame Kind benachteiligt zu werden. Mütter sind hiervon ebenfalls betroffen, nach meiner Erfahrung aber seltener als Väter.

Einer der Gründe dürfte darin liegen, dass die Mutter bislang immer noch häufiger ein Kind nach Trennung betreut als dies der Vater tut. Das führt dazu, dass die Väter automatisch die weniger betreuenden Elternteile sind und deswegen auf den Umgang mit dem Kind verwiesen werden.

Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es Ungleichgewichte gibt und welche Ursache sie haben, soll an anderer Stelle erfolgen. Hier geht es mir darum, Ihnen darzustellen, wie das Recht auf Umgang ausgestaltet ist.

  1. Das Umgangsrecht ist im Gesetz ausdrücklich geregelt, nämlich in den §§ 1684 und 1685 BGB. Diese Bestimmungen regeln ausdrücklich das Umgangsrecht eines jeden Elternteils. Das Gesetz geht davon aus, dass der Umgang eines Kindes mit jedem Elternteil immer seinem Wohl entspricht.Ihr Kind hat ein Recht auf Umgang mit dem außerhalb lebenden Elternteil. Und der außerhalb lebende Elternteil hat ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Darüber hinaus hat er die Pflicht, den Umgang mit dem Kind wahrzunehmen. Und schließlich hat der überwiegend betreuende Elternteil die Pflicht, diesen Umgang aktiv zu fördern.Mit dem Umgang meint der Gesetzgeber das tatsächliche Beziehungsverhältnis zwischen einem Elternteil und dem Kind. Der Umgang soll dazu dienen, dass der Elternteil die Beziehung zu dem Kind aufrechterhalten kann, diese Beziehung  tatsächlich leben und sich fortlaufend davon überzeugen kann, dass es dem Kind körperlich und geistig gutgeht. Einer Entfremdung soll vorgebeugt werden. Das Kind soll auf diese Weise sein Bedürfnis nach Liebe auf beiden Seiten befriedigt erhalten. Das Gesetz geht davon aus, dass ein Kind, damit es sich gesund entwickeln kann, immer die Bindung zu beiden Elternteilen braucht.
  2. Dieses Recht auf Umgang mit dem Kind ist unabhängig davon, ob Sie die elterliche Sorge für das Kind haben oder nicht. Als nichtsorgeberechtigter Elternteil haben Sie genauso das Umgangsrecht, wie als sorgeberechtigter Elternteil. Auch wirkt sich das Sorgerecht nicht auf die Frage aus, wie viel Umgang Sie mit einem Kind haben.Es gibt aber einen indirekten Zusammenhang zwischen der elterlichen Sorge und dem Umgang. Man hat nämlich festgestellt, dass ein Elternteil, der nicht die elterliche Sorge für ein Kind hat, eher ein Risiko hat, den tatsächlichen Kontakt zu dem Kind zu verlieren, als ein Elternteil, der die elterliche Sorge inne hat.
  3. Wie viel Umgang steht denn nun einem Elternteil zu?Hierzu gibt es keine festen Regeln. Vor allem existiert im Gesetz hierzu keine Regelung. Dies hätte auch keinen Sinn, weil jedes Kind eine sehr individuelle Geschichte mit seinen Eltern hat und das Umgangsrecht den individuellen Bedürfnissen eines Kindes Rechnung tragen soll.Wenn man sich aber die Rechtsprechung anschaut, so kann man gewisse Grundlinien bzw. Faustregeln finden, an denen sich die Ausgestaltung einer Umgangsregelung orientiert:So weiß man, dass sehr kleine Kinder eher häufige Umgänge benötigen, nicht aber unbedingt lange. Die Pausen zwischen den einzelnen Umgängen sollten also möglichst kurz sein. Die Umgänge müssen hingegen nicht unbedingt lang sein. Je kleiner ein Kind ist, desto häufiger sollte der Umgang stattfinden, bis zu einmal am Tag im idealen Falle. Je älter das Kind wird, desto länger dürfen die Pausen zwischen den Umgängen werden. Das hat mit dem noch nicht ausgebildeten Zeitempfinden kleiner Kinder zu tun.Weiter hat sich herauskristallisiert, dass die Wochenenden zwischen den Eltern geteilt werden. Deswegen wählt man häufig den Weg, dass die Eltern das Kind abwechselnd an jedem Wochenende zu sich nehmen. Jeder Elternteilsoll alltagsfreie Zeit mit dem Kind verbringen können.

    Für das Wochenende greift man häufig auf Freitag bis Montag zurück, manchmal auch auf Samstag bis Sonntag. Die Wochenendregelung hängt stark davon ab, wie gut Sie als Eltern miteinander kommunizieren können.

    Wenn Sie viel streiten, dann neigen die Familiengerichte und auch übrigens die öffentliche Jugendhilfe eher dazu, einen Umgang zu empfehlen, bei dem Sie sich als Eltern nicht begegnen. Denn sicheres Wissen über Trennungskinder ist, dass es ihnen zwar gutgeht, wenn sie bei einem Elternteil angekommen sind, dass aber der Wechsel von einem Elternteil zum anderen Elternteil für sie in hohem Maße anstrengend und belastend ist. Deswegen erleben Sie Ihre Kinder vor und nach den Wechseln häufig auch verhaltensauffällig. Dies ist der enormen Anstrengung geschuldet, die für ein Trennungskind mit den Wechseln von einem Elternteil zum anderen verbunden sind.

    Diese Wechsel verunsichern Ihr Kind und lösen Verlustängste aus. Je nachdem wie stark ein Kind auf Trennung reagiert, versucht man, ihm Wechsel zu ersparen oder zumindest zu erleichtern, in dem man dafür sorgt, dass die Eltern sich bei den Wechseln nicht begegnen. Hierfür eignen sich der Hort, die Kita oder die Schule. So bietet es sich oftmals an, dass ein Kind am Freitag nach der Schule von dem einen zum anderen Elternteil wechselt und am Montag darauf von dem Elternteil über die Einrichtung zum anderen zurück.

    Dies wiederum setzt voraus, dass Sie beide im puncto Schule, Kleidung und Freizeitbeschäftigung gut miteinander kommunizieren können. Wenn dies auf direktem Wege nicht gelingt, kann man auch die SMS, die WhatsApp oder die Email wählen.

    Manche Eltern greifen auch auf sog. Pendelbücher zurück. Es handelt sich um Heft, dass Sie Ihrem Kind bei den Wechseln mitgeben. In dieses Buch tragen beide Eltern jeweils vor dem Wechsel ein, was sich zugetragen hat und was das Kind benötigt.

    Streiten Sie hingegen wenig und können sich in Anwesenheit des Kindes respektvoll und wohlwollend miteinander unterhalten, dann steht einem Wechsel des Kindes im Beisein beider Eltern nichts entgegen. In diesem Fall kann man auch häufigere Wechsel zumuten. Dies führt dann oftmals dazu, dass Umgänge auch unter der Woche stattfinden, beispielsweise ab der Schule bis zum Abend oder ab der Schule bis zum nächsten Morgen, wobei das Kind dann wieder zur Schule gebracht wird.

    Hier spielt auch eine Rolle, wieweit Sie voneinander entfernt leben. Am besten ist es für ein Kind, wenn Sie fußläufig voneinander entfernt leben.

    Manchmal gibt es aber auch extrem große Entfernungen. In manchen Fällen habe ich hier Eltern, die 600 Kilometer weit auseinanderleben. In diesen Fällen kommen normale Umgangskontakte gar nicht mehr in Frage. Hier kann man darüber nachdenken, zu kompensieren.

  4. Das Jugendamt und die Familiengerichte sind bestrebt, Umgangslösungen zu finden, die beide Eltern akzeptieren können. Dies hat für die Jugendhilfe und die Familiengerichte eine zentrale Bedeutung. Denn, wenn beide Eltern mit einer Umgangsregelung einverstanden sind, darf angenommen werden, dass sie nicht streiten. Und fehlender Elternstreit ist für ein Kind geradezu überlebenswichtig. Es kommt deswegen aus Sicht des Helfersystems eher darauf an, ob Sie nicht streiten, als darauf, wie denn die Umgangsregelung im Einzelnen aussieht.Auch aus der Sicht Ihres Kindes hat zentrale Bedeutung, dass Sie nicht streiten. Für Ihr Kind ist in erster Linie die Qualität der Beziehung wichtig und nicht die Quantität. Und für Ihr Kind ist wichtig, dass Sie ihm beide das Gefühl geben, dass das Kind beide Eltern lieben darf und dass dies von beiden Eltern gutgeheißen wird.
    Ihr Kind braucht, wenn Sie sich trennen,
    die Liebe der Mutter
    die Liebe des Vaters
    die Sicherheit, dass die Mutter es gutfindet, wenn das Kind den Vater liebt
    die Sicherheit, dass der Vater es gutfindet, wenn das Kind die Mutter liebt.
  5. Sollten Sie sich als Eltern nicht einigen können, dann sollten Sie folgenden Weg beschreiten:Sie haben zunächst die Möglichkeit, die Unterstützung des Jugendamtes oder einer der ihm angeschlossenen Ehe- und Familienberatungsstellen in Anspruch zu nehmen. Nach dem Sozialgesetzbuch VIII ist das Jugendamt dazu verpflichtet, Sie in umgangs- und sorgerechtlichen Konflikten zu beraten und zu begleiten. Hier finden in der Regel Elterngespräche statt. Manchmal werden auch Einzelgespräche vorgeschaltet. Im besten Falle gelingt es Ihnen, beim Jugendamt eine einvernehmliche Umgangsregelung zu treffen.Alternativ zum Jugendamt können Sie auch andere freie Jugendhilfeträger wählen oder aber den Weg der Mediation. Bei freien Trägern der Jugendhilfe finden Sie ebenso qualifizierte Mitarbeiter wie in der Jugendhilfe und den angeschlossenen Ehe- und Familienberatungsstellen. Hier sollten Sie sich aber jeweils wegen der Kosten für eine solche Beratung informieren. Diese kann von freien Trägern nicht immer kostenlos geleistet werden.Die Mediation ist weitere konsensorientierter Weg, eine Vereinbarung zu schließen. Hier können Sie mit einem Mediator und mit zwei Mediatoren eine Lösung erarbeiten. Diese Mediatoren helfen Ihnen dabei, die Kommunikation zu strukturieren, damit Sie eine Sachlösung erarbeiten können. Sie können sich auf meiner Seite näher über die Mediation informieren.Sollten auch solche alternativen Methoden der einvernehmlichen Lösung scheitern, so bleibt Ihnen noch, das Familiengericht anzurufen. In diesem Falle muss ein Antrag beim Familiengericht eingereicht werden, im Rahmen dessen Sie formulieren, welchen Umfang an Umgang Sie für Ihr Kind wünschen. Dieser Antrag wird vom zuständigen Familiengericht an den anderen Elternteil zugestellt. Sodann findet ein mündlicher Anhörungstermin statt, in dem auch das Gericht versucht, eine Einigung mit Ihnen zu erarbeiten. Und wenn auch dort eine Einigung nicht zustande kommt, erlässt das Gericht einen Umgangsbeschluss. Dieser Beschluss orientiert sich ausschließlich an den Bedürfnissen Ihres Kindes.

    In vielen Fällen bestellt ein Familienrichter während eines streitigen Umgangs-verfahrens einen Verfahrensbeistand für Ihr Kind. Ein Verfahrensbeistand hat die Funktion, für Ihr Kind ein Interessensvertreter, also eine Art Anwalt, zu sein. Er begleitet Ihr Kind durch das Verfahren, klärt es darüber auf, was passiert und hat die Aufgabe, sowohl das Gericht als auch beide Eltern darüber aufzuklären, welche Wünsche und Bedürfnisse das Kind hat.

    Wenn der Rechtstreit sehr stark eskaliert und die Positionen unversöhnlich gegenüberstehen, kommt auch die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens in Frage. Dieses wird insbesondere dann gewählt, wenn ein Elternstreit für ein Kind einen kindeswohlgefährdenden Effekt hat oder aber wenn aus ganz anderen Gründen eine Kindeswohlgefährdung im Raum steht.

    Wenn ein Elternteil gegen einen Umgangsrechtsbeschluss verstößt, dann besteht die Möglichkeit, ein sog. Zwangsgeldverfahren zu führen. Dieses Verfahren hat zum Ziel, einen Elternteil zu einem Zwangsgeld verurteilen zu lassen, weil er gegen einen Umgangsbeschluss verstoßen hat. Ich mache allerdings in meiner Praxis die Erfahrung, dass solche Zwangsgeldverfahren recht unergiebig sind. Zwangsgelder dürfen nur verhängt werden, wenn der Verstoß gegen die Umgangsregelung schuldhaft war. Häufig  können Gerichte einen schuldhaften Vorwurf am Sachverhalt nicht festmachen. Und kommt es manchmal doch zur Festsetzung eines Zwangsgeldes, ist dieses häufig nicht dazu geeignet, den Konflikt als solchen, unter denen das Kind leidet, nachhaltig zu verändern.

    Ich möchte Ihnen deshalb raten, jedwede außergerichtliche Möglichkeit, die zu einvernehmlichen Lösungen führen kann, im Interesse Ihres Kindes auszuschöpfen. Und nur dann, wenn Sie wirklich sicher sind, dass Sie nicht zusammenkommen, sollten Sie das Familiengericht anrufen.

    Sie brauchen übrigens keinen Anwalt einzuschalten, um ein Umgangsrechtsantrag zu stellen. Dies können Sie auch ohne anwaltliche Unterstützung zu. In der Regel aber rate ich dazu, einen Anwalt hinzuzuziehen, insbesondere, wenn er besondere Kenntnisse über die Bedürfnissituation eines Trennungskindes hat und diese in der Zusammenarbeit mit Ihnen auch berücksichtigen kann.

  6. Noch ein letztes Wort: nach meiner Erfahrung steht hinter einem heftig geführten Elternstreit um das gemeinsame Kind oftmals die Angst, das Kind an den anderen Elternteil zu verlieren. Zumeist ist die Angst real unbegründet. Sie ist dennoch sehr ernst zu nehmen, da sie einen Ursprung in den auf der Paarebene stattgefundenen Verletzungen haben kann. Diese Angst kann handlungsleitend werden. Meistens bekommt ein Elternteil dann auch nicht mit, wie sehr das Kind diese Gefühle spürt. Insbesondere kleine Kinder nehmen stark nonverbale Signale wie Gefühle und Stimmungen wahr, viel besser als verbale Äußerungen. Sie nehmen Ihre Angst auf  und reagieren verunsichert. Die Folge ist oftmals der Rückzug vom anderen Elternteil, nicht weil das Kind diesen Elternteil ablehnen würde, sondern, weil es dem Konflikt der Eltern ausweichen und sich am betreuenden Elternteil orientieren muss, um sich zu entlasten.  Das ist belastend für das Kind, denn es lehnt den anderen Elternteil ab, den es genauso liebt und braucht wie Sie. Es verlangt Ihnen und dem anderen Elternteil viel Kraft ab, sich an dieser Stelle zu hinterfragen und sich mit dem Partner, von dem Sie sich gerade trennen möchten, des Kindes wegen doch an einen Tisch zu setzen. Ihr Kind aber wird davon in hohem Masse profitieren.